Juristische Laien werfen beide Begriffe häufig
in einen "Topf". Meistens wissen sie nur , dass es sich
um eine im Grundbuch eingetragene Belastung einer Immobilie handelt.
Die juristischen und steuerlichen Unterschiede beider Rechtsformen
sind ihnen nicht näher bekannt.
Die Frage, ob ein Nießbrauchrecht oder ein lebenslanges
Wohnrecht eingeräumt werden soll, stellt sich meistens dann,
wenn eine Immobilie schon zu Lebzeiten an die Kinder oder andere
Erben überschrieben werden soll.
Oft wird, um der in Spanien hohen Erbschaftssteuer
zu entgehen, die Möglichkeit genutzt, zukünftige Erben
bereits beim Immobilienkauf als Eigentümer der Immobilie im
Grundbuch eintragen zu lassen, so dass die Eltern nur noch als "Zahlmeister"
fungieren, die für die laufenden Kosten aufkommen.
Sollte für die Eltern kein Nießbrauchrecht
oder Wohnrecht bestehen, begeben sich diese in die Abhängigkeit
ihrer Kinder, die über die Immobilie uneingeschränkt verfügen
können.
Daher ist von dieser Lösung selbst bei bestem Einvernehmen
zwischen Eltern und Kindern abzuraten. Denn die Risiken überwiegen.
Bei einer möglichen Insolvenz der Kinder, würden sie die
Immobilie verlieren.
Wie können sich die Eltern gegenüber ihren
Kindern absichern?
Beispielsweise könnten die Eltern ein lebenslanges
Nießbrauchrecht (usufructo vitalico) der Immobilie erhalten,
dessen rechtliche Ausgestaltung im Artikel 467 ff. Código
Civil geregelt wird. Mit dem Nießbrauchrecht bekommen die
Begünstigten, - in unserem Fall die Eltern - das Recht, die
Immobilie uneingeschränkt zu nutzen. Sie können sie vermieten,
auf dem Grundstück angebautes Obst und Gemüse ernten,
aber sie können die Immobilie nicht alleine veräußern.
Sie sind auch diejenigen, die die Immobilie in Ordnung halten, für
die gewöhnlichen Reparaturen aufkommen müssen und auch
die laufenden Kosten, Gemeindeabgaben und Steuern zu zahlen haben.
Das Nießbrauchrecht erlischt beim Tod der Nießbrauchberechtigten
(hier die Eltern) gemäss Artikel 513 Nr. 1 CC. Die in diesem
Fall entstehende Erbschaftssteuer ist gering und verringert sich
noch, je älter der Erblasser war, als er verstarb. Der eingeräumte
Nießbrauch muss dann im Grundbuch mit voriger Zahlung der
Steuern gelöscht werden.
Aber auch diese Falllösung ist leider nicht ohne
Risiko: Denn, sollten die Kinder, die offiziellen Eigentümer
der Immobilie (nudo propietario), vor den Eltern sterben, geht die
Immobilie an die Enkel, Schwiegersohn, Schwiegertochter oder an
andere Erben über. Die Nießbrauchberechtigten haben weiterhin
die laufenden Kosten zu zahlen.
Sollte das Erbe in Ermangelung anderer Erben an die Eltern fallen,
müssen diese wiederum die Erbschaftssteuer zahlen, was eigentlich
vermieden werden sollte.
Es sind aber auch noch andere Fälle denkbar,
die die Eltern erschrecken lassen.
Wenn die Kinder in eine finanzielle Schieflage geraten und die Gläubiger
die Immobilie pfänden, können zwar die Eltern als Nießbraucher
die Immobilie weiter nutzen und deren Kosten zahlen, aber die Eigentümer
sind dann möglicherweise Fremde.
Ähnliches könnte eintreten, wenn die Kinder als Eigentümer
eine Hypothek auf die Immobilie aufnehmen und die fälligen
Raten nicht mehr leisten können. Die Bank wird dann die Immobilie
pfänden und versuchen, sie mit dem Nießbrauchrecht zu
veräußern.
Aber auch von Seiten der Eltern als Nießbrauchberechtigte
kann es zu bösen Überraschungen kommen. Bei einem möglichen
Vermögensverfall kann ihr Nießbrauchrecht gepfändet
werden, so dass die Kinder als Eigentümer "wildfremde"
in ihrer Immobilie tolerieren müssen.
Das zu ziehende Fazit: Auch bei gutem Einvernehmen
innerhalb der Familie sind die Risiken bei der aufgezeigten Fallgestaltung
überwiegend. Mit zusätzlichen Maßnahmen, wie beispielsweise
die Bestellung von Vollmachten kann, das Risiko vermindert aber
letztlich nicht ganz ausgemerzt werden.
Bei Bestellung eines lebenslangen Wohnrechts zugunsten
der Eltern vermindern sich weitgehend die beschriebenen Gefahren.
Denn das im Grundbuch eingetragenen Wohnrecht, das individuell gestaltet
werden kann, ist weder pfändbar noch übertragbar und kann
auch nicht mit einer Hypothek belastet werden.
Mit dem lebenslangen Wohnrecht wird der betreffenden
Person das Recht eingeräumt, eine Wohnung / ein Haus oder einen
bestimmten Teil einer Wohnung oder eines Hauses unentgeltlich zu
benutzen.
Nehmen wir wieder "unsere" Familie, die
die Erbschaftssteuer umgehen will, die Immobilie an die Kinder überschreibt,
sich ein Wohnrecht im Grundbuch eintragen lässt und
gehen dann vom schlimmsten aller Fälle aus: Die Kinder sterben
vor den Eltern. Das kostenfreie Wohnrecht der Eltern bleibt dann
zwar erhalten, unabhängig von den Erben, doch sollten diese
auch die gesetzlichen Erben sein, ist auch in diesem Fall wiederum
die Erbschaftssteuer zu entrichten.
Das z.B. lebenslange Wohnrecht hat den Vorteil, dass
es Gläubiger verschreckt. Denn die Immobilie ist unverwertbar
bis das lebenslange Wohnrecht im Grundbuch durch den Tod des Wohnberechtigten
erlischt. In diesem Fall hat der Wohnberechtigte keine Rechte, er
darf die Immobilie selbst nutzen, aber nicht vermieten oder belasten.
Dafür hat er aber auch keine Kosten zu tragen, diese fallen
zu Lasten der offiziellen Eigentümer (nudo propietario).
|